von Dr Timm Weski
Aus DEGUWA Rundbrief 12, Februar 1997
Experimental archaeology in connection with maritime archaeology. Translate with Systran or Altavista.
EinleitungExperimentelle Archäologie kann, obwohl als eigenständiger Forschungszweig noch nicht richtig anerkannt, auf eine lange Geschichte zurückblicken. Dies gilt auch für Boote und Schiffe, allerdings sind viele Versuche nie dokumentiert und veröffentlicht worden (Ellmers 1990). Ebenso gehören das Wiederaufrichten antiker Tempel in den Bereich der experimentellen Archäologie wie der Nachbau des römischen Kastells Saalburg mit seinen funktionierenden Heizanlagen und Katapultgeschützen. Die Arbeit Pfeifers über die Technik der Steinzeit muß zu diesem Themenkreis hinzugezählt werden, obwohl er außer praktischen Versuchen stark von ethnologischen Parallelen ausging (Pfeifer 1914; Feustel 1973). Ebenso müssen die zahlreichen Brückenmodelle, die von Gymnasiasten nach Caesars Beschreibung gefertigt wurden (Bell. Gall. IV, 17), erwähnt werden. Auch Bauwerke des Historismus, wie die Burg Dankwarderode in Braunschweig oder auch die Schlösser von Ludwig II (Neuschwanstein) können mit zum Spektrum historischer Rekonstruktion gerechnet werden. Neuen Aufschwung erhielt die experiementielle Archäologie in den sechziger Jahren durch verschiedene Projekte vor allem aus Dänemark (Lejre) und aus England (Fansa 1990). Inzwischen leiteten sich daraus eine Vielzahl von Versuchen ab, von denen einige kürzlich in einer Wanderausstellung zusammengefaßt wurden (Fansa 1996). Experimentelle Archäologie bedeutet anhand von Funden, schriftlicher Überlieferung und ethnologisch/volkskundlicher Beobachtungen Geräte und Gegenstände nachzubilden, die dem angenommenen Original (Hypothese) so ähnlich wie möglich sein sollen. Im Idealfall sollte zum Vorbild kein erkennbarer Unterschied mehr bestehen. Anschließend wird dann das fertige Produkt auf seine Brauchbarkeit und Anwendbarkeit untersucht. Aber auch die Herstellung von reinen Exponaten fällt mit in den Bereich der Experimentellen Archäologie. Das Spektrum beginnt mit einfachen Arbeitvorgängen, wie dem Backen von Brot und endet beim Nachbau ganzer Dörfer, in denen der Alltag früherer Zeiten nachgelebt wird, wie z.B. in Berlin-Düppel. Das Versuchsniveau reicht dabei vom streng wissenschaftlichen Projekt, über die museumspädagogische Spielerei bis hin zum folkloristischen Medienspektakel, wobei die Übergänge mehr als fließend sind; manches Vorhaben, das ursprünglich als Wissenschaft begann, endete nach mehreren Jahren auf der Stufe einer Volkstanzgruppe. Im Grunde genommen sollte jeder Versuch so authentisch wie möglich durchgeführt werden, allerdings treten immer wieder Gründe auf, die ein Abweichen von dieser Regel erfordern. Dabei muß man sich jedesmal die Frage stellen, ob dadurch und wenn ja in welchem Umfang das Endergebnis verfälscht wird. Geht es beispielsweise nur um das fertige Endprodukt, so ist gegen den Einsatz von modernen Maschinen oder Geräten, etwa wie Elektrobohrer, nichts einzuwenden. Anders sieht es dagegen aus, wenn an Stelle von Spaltbohlen gesägte Bretter verwendet werden. In einigen Fällen ist nicht nur das Endprodukt, sondern auch seine Herstellung Teil des Experiments, um beispielsweise den gesamten Arbeitsaufwand ermitteln zu können, oder um eine besonders authentische Nachahmung zu erhalten. In solchen Fällen müssen auch die Bäume mit Steinbeilen gefällt (Adamek u.a. 1990) oder die Nägel von Hand geschmiedet (woher kommen Holzkohle und Roheisen?) werden. Welcher Weg gewählt wird hängt nicht nur von der jeweiligen Fragestellung, sondern – leider auch – von den zur Verfügung stehenden Finanzmitteln ab. Hinzu kommen noch moderne Sicherheitsvorschriften, die es z.B. aus Brandschutzgründen erfordern, das Reet auf der Dachkonstruktion mit Draht zu befestigen, sofern das Gebäude später dem Publikumsverkehr geöffnet sein soll. Aus dem Fehlen von geeigneten Rohmaterialien, z.B. vierhundert Jahre alte Eichen, ergeben sich ebenfalls ungewollte Beschränkungen. So müssen bei fast jedem Experiment Kompromisse eingegangen werden, die sich aus solchen Zwängen ergeben. Ein weiteres Problem der Experiementellen Archäologie ist eine Selbstzensur, die sich jeder auferlegen muß: Probleme dürfen nicht mit dem heutigen Ingenieurswissen gelöst werden, sondern mit dem früherer Zeiten; doch dieses läßt sich bestenfalls nur erahnen. Ein gutes Beispiel für diese mangelhafte Kenntnis bietet der Nachbau eines bandkeramischen Hauses, bei dem alle Bauteile durch Zurrungen nach Vorschriften des Technischen Hilfswerks miteinander verbunden wurden (Böhm u.a. 1990, 27). Zwar ist nichts über das Aufgehende bandkeramischer Häuser bekannt, aber mit den zur Verfügung stehenden Werkzeugen ließen sich ohne weiteres einfache Steck- oder Zapfverbindungen herstellen. Diese Selbstzensur verhindert auch den kreativen Umgang mit technischen Fragen: Eine einmal gefundene Lösung gilt als die einzig richtige und alle anderen werden als »historisch« falsch abgelehnt. Dabei existieren sehr oft verschiedene Möglichenkeiten nebeneinander. Es sei nur an den Bau von Fachwerkhäusern erinnert, bei denen entweder gegenüberliegende Pfosten- bzw. Ständerpaare oder aber die Hölzer einer Seitenwand jeweils zusammen errichtet werden. Auf der anderen Seite darf man nicht immer die optimalste Lösung erwarten. So existieren eine Reihe historisch belegter Lösungen, die unseren heutigen Anforderung nicht entsprechen. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Amphore: eine Verpackungseinheit, deren Leergewicht sich auf ca. 40% des Gesamtgewicht beläuft und eine Form besitzt, die ausschließlich gut für den Transport auf einem Lasttier geeignet ist, entspricht kaum modernen Ansprüchen. Trotzdem waren Amphoren für mehr als ein Jahrtausend eine vielseitige Transporteinheit. Ein anderes Beispiel sind Pferdegespanne: Bei sechs oder acht Pferden liefert jedes Tier im Verhältnis weniger Leistung als ein Pferd alleine erbringen kann. Ferner sinkt die Zugleistung des Tiers, wenn es zusätzlich noch einen Reiter tragen muß. Trotzdem fanden Jahrhunderte lang vielgespannige Pferdefuhrwerke mit Vorreitern Verwendung. Als eine weitere Restriktion im Bereich der Experimentellen Archäologie sind mangelhafte handwerkliche Erfahrungen zu nennen. Jeder von uns kann eine Seite in kürzester Zeit ohne besondere Mühe schreiben. Sollten wir aber eine Seite in einer anderen Schrift, etwa Arabisch oder Sanskrit, abschreiben, so werden wir uns sehr schwer tun. Für die Experimentelle Archäologie bedeutet dies, daß nur mit viel Übung und Routine Aussagen über Dauer oder Kompliziertheit eines Arbeitsprozesses möglich sind. Ein geübter Experimenteller Archäologe kann z.B. einen Faustkeil in drei Minuten zurechtschlagen, was bedeutet, daß solche Artefakte in Gegenden mit reichlich Rohmaterial eine Art Einwegwerkzeuge waren. Im Bereich der Unterwasserarchäologie sind für die Experimentelle Archäologie vor allem die Rekonstruktion von sogenannten Pfahlbauten und von Wasserfahrzeugen zu nennen. Erstere können im Rahmen dieses Beitrages nicht behandelt werden, besonders da in Deutschland wiederaufgebaute Pfahlbauten mit einer Ausnahme nur in Unteruhldingen am Bodensee verhanden sind. Eine Beschäftigung mit diesen veralteten Hypothesen ist unweigerlich mit einer Auseindersetzung mit der Person H. Reinerth und seiner Rolle in der deutschen Vor- und Frühgeschichte im Dritten Reich verbunden (Bollmus 1970, 154; Kossack 1977, 346). Experimentelle Boots- und SchiffsarchäologieObwohl der Experimentellen Archäologie ein fundiertes, theoretisches Grundlagengerüst fehlt (Parthesius, im Druck) sind Grundlagen und Ziele mehrfach, teilweise kontrovers formuliert worden: ... warum weiterhin Rekonstruktionen gebaut werden:
Ein renomiertes britisches Autorenteam nannte kürzlich bei der Definition der Ziele der Experimentellen Archäologie andere Schwerpunkte:
Diese starke Betonung der Hypothesis (auf deutsch je nach Zusammenhang auch als Frage- oder Problemstellung bzw. These zu übersetzen) kritisierte Crumlin-Pedersen (1995, 305), der seinerseits aus den Erfahrungen mit praktischen Erprobungen im Forschungszentrum in Roskilde folgende Veraussetzungen für erforderlich hält:
Diese Liste ließe sich noch fortsetzen (z.B. Gillmer 1987), aber ein Vergleich der verschiedenen Forderungen zeigt neben einer Reihe von Unterschieden auch viele Gemeinsamkeiten. Ebenso werden die unterschiedlichsten Einzelaspekte der Experimentellen Boots- und Schiffsarchäologie deutlich. Abb 1. Nydam-Schiff Ein Hauptproblem bei der Rekonstruktion von Booten und Schiffen stellt deren bruchstückhafte Erhaltung dar. Selbst wenn die Rumpfform einigermaßen bekannt ist, so müssen doch viele Teile ergänzt werden, was besonders für die Takelage gilt. Aber auch bei weitgehend intakten Rümpfen ergeben sich, auf den ersten Blick nur geringe Abweichungen wie z.B. die Abmessungen des Nydam Schiffs (Ellmers 1972, 326; Gøthche 1995), die aber Auswirkungen auf Stabilität, Segeleigenschaften, Tragfähigkeit usw. besitzen. Nur in den seltensten Fällen besteht die Möglichkeit, das gleiche Wrack mehrfach zu rekonstruieren und auf diese Art und Weise frühere Fehler auszumerzen. Diese stets bestehenden Unsicherheiten führten auch dazu, daß der meiner Meinung nach sehr zutreffende Ausdruck schwimmende Hypothesen an Stelle von Repliken, Rekonstruktionen oder Nachbauten in die Diskussion eingebracht wurde (McGrail 1991; Marsden 1993; Westerdahl 1993). Abb 1 B. Kyrenia-Nachbau Die Vielzahl der bisher durchgeführten Experimente mit Wasserfahrzeugen erfordert eine Beschränkung auf wenige ausgewählte Beispiele, die die unterschiedlichen Grundlagen für Rekonstruktion und Nachbau vermitteln sollen. So müssen die beiden Nachbauten des Wracks von Kyrenia unberücksichtigt bleiben, obwohl ein Vergleich der Segeleigenschaften beider Fahrzeuge sehr reizvoll wäre (Braemer 1991, 87; Katzev 1985; 1987; Steffy 1985; Tzalas 1987). Ebenso wenig kann auf den Nachbau der Bremer Kogge von 1380 eingegangen werden, dessen Segeleigenschaften ausgiebig getested wurden (Brandt u.a. 1994). Die inzwischen erfolgte Installation von zwei Schottel-Pump-Jet-Anlagen (Yacht 1995, 10) verhindert jedoch, daß Fragen wie das Seeverhalten mit unterschiedlichen Ladungen bzw. Probleme des Lade- und Löschvorganges noch erforscht werden können. Ebenfalls müssen Nachbauten aufgrund von ethnologischen oder volkskundlichen Grundlagen unbehandelt bleiben, obwohl dabei teilweise wesentliche Erkenntnisse gewonnen wurden (Mudie 1986). Erwähnt werden soll auch der erfolgreiche Versuch, ohne Instrumente zu navigieren (Lewis 1978, 176). Zum Schluß muß noch auf Nachbauten historischer Wasserfahrzeuge hingewiesen werden, über die fast keine Nachrichten außer ihrem Namen vorliegen, wie etwa die Schiffe von Kolumbus (z.B. Phillips 1994, 95) oder die Mayflower der Pilgrim Fathers (Villiers 1962; Phillips 1994, 108). ModelleExperimentelle Boots- und Schiffsarchäologie bedeutet nicht immer den Nachbau eines Wracks in voller Größe. Oft sind bereits wesentliche, neue Erkenntnisse anhand von Modellen zu gewinnen. Ferner sind Modelle fast immer der erste Schritt vor dem eigentlichen Bau in voller Größe. Sollen bei dem Objekt in erster Linie Segeleigenschaften getestet werden, so ist ein Bau in halber oder viertel Größe durchaus akzeptabel (z.B Gifford 1996). Abgesehen von den Kosten spricht für verkleinerte Nachbauten ferner, daß wenige Leute zur Handhabung benötigt werden, was die Testphase wesentlichen verkürzen kann, da erfahrungsgemäß kleinere Teams schneller aufeinander eingespielt sind als größere. Allerdings sind die Ergebnisse nicht ohne weiteres vergleichbar, da die Fahreigenschaften stark durch den Seegang beeinflußt werden und dieser nur selten maßstabsgerecht verkleinert zu finden ist. BriggAbb 2. 'Floß' von Brigg. Rekonstruktion aus Mc Grail 1994 Das Wrack von Brigg wurde erstmals 1888 freigelegt. Eine abermalige Untersuchungen und Bergung erfolgte erst wieder 1973/74 (Abb. 1; McGrail 1981a, 12). Aufgrund von Radiocarbondaten kann der Fund in die Zeit zwischen 820 und 860 v. Chr datiert werden (Switsur 1981, 121). Der Bearbeiter der Grabungsergebnisse lieferte für die Rekonstruktion nur eine Minimallösung und schlug eine flachbodiges Fahrzeug vor, für das auch die Bezeichnung 'Floß' an Stelle von Boot oder ähnlichem gewählt wurde (Abb. 2; McGrail 1981b, 211). Obwohl diese Rekonstruktion viele unbeantwortet Fragen aufwies, wurde sie von der Forschung akzeptiert bis 1992 O.T.P.Roberts einen alternativen Vorschlag machte (Roberts 1992). Er hatte sämtliche Planken und anderen Bauteile aus Holz maßstabgerecht nachgebildet, was nur anhand der hervorragenden Grabungsdokumentation und -publikation möglich war (Abb. 3). Beim Zusammenfügen der Planken ergab sich ein runder Rumpfquerschnitt mit aufgebogenem Boden, da sich nur in dieser Form die leicht konischen Planken aneinanderpassen ließen (Abb. 4). Die Ausrichtung der Löcher für die Schnürbindung spricht ebenfalls für eine solche Rumpfform. Zwar muß die Frage der Bootsenden offenbleiben, jedoch kann man als sicher ansehen, daß das Wrack von Brigg zur Gruppe der bronzezeitlichen genähten Plankenschiffe vom North-Ferriby-Typ gehört. Man muß allerdings erwähnen, daß der Ausgräber diese alternative Rekonstruktion für nicht realistisch hält (McGrail 1994; Roberts 1995). NZ 43Abb 5. Wrack NZ 43. Grabungsbefund 1979. Nachbauten in voller GrößeDie attische Triere des 5. JahrhundertsDie Rekonstruktion der attischen Triere, dem wichtigsten Kriegsschiff der Blütezeit Athens im 5. Jahrhundert v. Chr., bewegt die Forschung seit langem. Ein Nachbau wurde bereits 1860 unter der Schirmherrschaft Napoleons III gezimmert, über den nur unzureichende Nachrichten existieren. Unklar ist, ob eine attische, phönizische oder römische Trireme nachgebildet werden sollte (Lehmann 1982, 150). Die Abmessungen von 39,70 x 5,50m (Lehmann 1982, 148) korrelieren einigermaßen mit den Abmessungen der damals noch nicht bekannten antiken Schiffshäuser. Bei Ruderversuchen wurden Geschwindigkeiten von etwa fünf Knoten erreicht (Lehmann 1982, 149). Über die Anordnung der Ruderer ist nur soviel bekannt, daß sie nicht alle nebeneinander saßen (Lehmann 1982, 145). Trotz dieser Ergebnisse gilt das Experiment allgemein als nicht erfolgreich, obwohl dies nicht völlig gerechtfertigt ist (Basch 1987, 93). Das Hauptproblem bei der Rekonstruktion einer attischen Triere besteht in der Anordung der Ruderer, von denen drei nebeneinander sitzen und jeder seinen eigenen Riemen führt. Zahlreiche theoretische und praktische Versuche wurde durchgeführt, von denen viele gar nicht oder nur unzureichend publiziert wurden (z.B. Christensen 1988). Inzwischen wurde auf der Grundlage der Forschungen von J.S.Morrison ein Nachbau gezimmert und auch getestet, der gemeinhin als Lösung des Trierenrätsels angesehen wird (Coates 1993a; 1995). Die archäologischen und historischen Grundlagen für diese Rekonstruktion müssen als mehr als
dürftig bezeichnet werden und reichen bei weitem nicht als Grundlage für einen gesicherten Nachbau
(Westerdahl 1992). Daß man diesen Schritt trotzdem wagte, hängt zweifelsohne mit der historischen
Bedeutung dieses Schiffstyps und dem Identifikationswert den diese Epoche für die heutige Zeit noch
immer besitzt zusammen. Das Wrack einer attischen Triere konnte bis heute nicht entdeckt werden.
Bekannt ist lediglich der bronzene Rammsporn eines Schiffes des 2. Jahrhunderts v. Chr., der
vermutlich zu einem größeren Kriegsschiff gehörte. Die in ihm noch erhaltenen Holzreste lieferten zu
mindest den Beweis, daß der Rammsporn nicht die Verlängerung des Kieles darstellt, sondern aus
Verlängerungen verschiedener Rumpfteile bestand (Steffy 1994, 59). Auch schriftliche Quellen bieten
nur ein lückenhaftes Bild, besonders da keine Beschreibung einer Triere existiert, sondern die
Informationen auf völlig unterschiedliche Angaben zurückgehen: Die Zahl der Ruderer betrug 170, die
mittleren Ruderer hatten etwas längere Riemen, deren Länge zwischen 4,00 und 4,22 m betrug, und die
Ruderer saßen übereinander. Die Riemen unterschieden sich voneinander, allerdings ist nicht klar
wodurch (Länge? Form des Blattes?). Ferner sind noch ein Mast mit Segel bekannt sowie ein zweiter,
kleinerer, wobei nicht eindeutig ist, ob beide zu einem zweimastigen Rig gehören, oder ob der
kleinere nur als Kampf-(Not-)Mast diente bzw. zum Beiboot gehörte. Sonst ist noch ein Spanntau
überliefert, zu dessen Anbringung wahrscheinlich 50 Mann nötig waren und von dem jedes Schiff mehrere
mit sich führen mußte. Die Maximalabmessungen ergeben sich aus den Schiffshäusern von Zea, deren
Rampen ca. 6 m breit und etwa 37 m lang waren, wobei die Länge nicht vollständig gesichert ist, da
die Höhe des antiken Wasserspiegels nicht genau bekannt ist. Andere Schiffshäuser besaßen Gleitbahnen
von 6 x 40 m (Morrison 1993; 1995). Abb. 9. Ruvo- oder Talosvase. Aus Morrison 1993, Fig 3.4 Die wichtigste Rolle kommt zweifelsohne dem sogn. Lenormant-Relief von der Akropolis
von Athen zu. Zusätzlich existiert noch eine Renaissancezeichnung des Buges einer Triere aus der
Sammlung dal Pozzo, die vermutlich nach einer römischen Kopie gefertigt wurde. Schließlich ist noch
die Darstellung eines Trierenhecks aus L'Aquila bekannt, bei der es sich auch um eine römische Kopie
handelt (Basch 1987, 98). Alle drei Fragmente sowie ein weiteres, sehr kleines Bruchstück lassen sich
zu einem groben Gesamtbild zusammenfügen, das aber zahlreiche Widersprüche und Ungenauigkeiten
enthält (Abb. 8). Hier ist neben der Frage der Wasserlinie vor allem die unpräzise Anordnung der
Riemen zu nennen. Können diese bei den römischen Nachahmungen noch mit der Unkenntnis der Kopisten
erklärt werden, so fällt dieses für das Lenormant-Relief nicht so leicht. Deshalb wurde auch schon
der Gedanke geäußert, auch bei diesem Stück könne es sich um eine römische Kopie handeln (Basch 1987,
103). Eine letzte Quelle stellt die Abbildung des Hecks eines Ruderschiffes auf der Talos Vase dar
(Abb. 9). Zwar fehlen hier die Riemen, jedoch sind eine Reihe von Details zu erkennen, die auf dem
Lenormant-Relief fehlen. Insgesamt ergänzen sich beide Darstellungen, allerdings ist die
Interpretation nicht frei von Zirkelschlüssen (Basch 1987, 104 Anm. 2). Überhaupt scheinen einige
Bearbeiter das Lenormant-Relief in seiner Aussagekraft zu überschätzen, etwa wenn die die Größe und
Körperhaltung der Ruderer im Verhältnis zu den Rumpfabmessungen als ein exaktes Abbild interpretieren
und dabei mögliche künstlerische Freiheiten unberücksichtigt lassen (Shaw 1993b, 106). Der Nachbau,
in mediterraner Schalenbauweise gezimmert, wies eine Länge über Alles von 36,80 m und eine Breite von
5,45 m auf. Der Tiefgang betrug mit voller Mannschaft 1,10 m (Abb. 10). Für Kiel, Steven und
Rammsporn fand Iroko Verwendung, für alle anderen Bauteile Douglasfichte, da andere, historisch wohl
korrekte Materialien nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung standen (Coates u.a. 1990, 3). Die
Ruderer saßen in Dreiergruppen schräg übereinander und waren sowohl in Längs- als auch in
Querrichtung verschoben (Abb. 11; 12). Die Riemen besaßen die gleiche Länge, nur die Blätter waren
anders ausgebildet. Die Ruderversuche verliefen nicht ganz zufriedenstellend, da die anvisierte
Höchstgeschwindigkeit von 10 kn nicht, sondern »nur« eine von etwas über acht erreicht wurde. Als
Grund gilt die unzureichende Leistung der untersten Ruderer, deren Beweglichkeit durch die Querbalken
eingeschränkt ist. Dieser Mangel führte zu der Vermutung, daß der für die Bemessung der Abstände
zwischen den Ruderern, dem sogn. Raum, das falsche Längenmaß zu Grunde gelegt worden war. Daher
plädieren die Organisatoren für einen Neubau mit längeren »Räumen«. Wie man allerdings dann noch die
überlieferte Zahl der Ruderer bei gleicher Rumpflänge unterbringen will, bleibt abzuwarten (Coates
1993b; 1993c; Coates u.a. 1993b). WikingerschiffeAbb 13 Wrack Skuldelev 3 Ausgrabung 1962. Aus Crumlin-Pedersen 1986a Aus Skandinavien sind eine Vielzahl von wikingerzeitlichen Schiffsfunden bekannt. Hinzu kommen noch solche aus älteren und jüngeren Epochen, die oft in einer ähnlichen Bautradition stehen. Die systematische Erforschung dieser Fundgattung geht bis auf das Jahr 1863 zurück, als im Moor von Nydam zwei Schiffe freigelegt wurden, von denen eins heute im Museum in Schleswig ausgestellt ist. Teilweise sind die Rümpfe so gut erhalten, daß abgesehen von der Takelage kaum etwas rekonstruiert werden muß. Ein Nachbau des Gokstadschiffes überquerte bereits 1893 erfolgreich den Atlantik (Christensen 1986). Seit dieser Zeit, besonders nach 1960 zimmerte man zahlreiche Nachbauten, die allerdings nicht immer den Vorbildern exakt entsprechen (Vadstrup 1986). Allerdings konnten aus den Fehlern Lehren gezogen und bei anderen Nachbauten vermieden werden. Der möglichst authentische Nachbau wird auch noch durch andere Faktoren begünstigt, da eine Kontinuität im Boots- und Schiffsbau bis heute besteht. Weiterhin sind die verwendeten Werkzeuge bekannt. Besonderer Bedeutung kommt ferner volkskundlichen Vergleichen zu (Christensen 1986; Godal 1986; Andersen 1986; 1995). Erst diese intensiven Vorarbeiten ermöglichten es, brauchbare Nachbauten herzustellen. Schließlich sind noch die Forschungseinrichtungen in Roskilde zu erwähnen, wo die einschlägigen Erfahrungen gesammelt und ausgewertet werden. Abb 14 Skuldelev 3 zeichnerische Dokumentation der Planken der Alle Nachbauten wurden ausgiebig unter Segeln und Rudern getestet (z.B. Carver 1995). Dabei zeigten sich in der Regel gute Leistungen. Ein Nachbau des Wracks Skudelev 1 umsegelte sogar die Welt, ist aber später im Mittelmeer im Sturm verloren gegangen. Bei den raschen Reisezeiten dieses Fahrzeuges muß allerdings angemerkt werden, daß zwei Motoren installiert waren, die bei Flaute oft genutzt wurden. Weiterhin leistete ein Hilfsheckruder bei einer Havarie des Seitenruders gute Dienste (Vinner 1995). Einige Abweichungen dieser Art von historischen Vorbildern sind bei allen Nachbauten fast unumgänglich, da es kaum zu verantworten wäre, nur um der Wissenschaftlichkeit willen, das sehr teuere Fahrzeug oder sogar Menschenleben in Gefahr zu bringen. Betrachtet man alle Nachbauten wikingerzeitlicher und auch jüngerer (Bill u.a. 1995), skandinavischer Boote und Schiffe, so kann man feststellen, daß ein hoher Grad an historischer Wirklichkeit erreicht wurde, und daß auch die meisten Grundsätze der Experimentellen Boots- und Schiffsarchäologie beachtet wurden. OstindienfahrerDas 17. Jahrhundert gilt in den Niederlanden als das goldene Jahrhundert. Neben anderen Dingen war damals der holländische Schiffbau führend in Europa. So ist es nicht verwunderlich, wenn inzwischen der dritte Ostindienfahrer nachgebaut wird. Da über den Nachbau der Batavia ein ausführlicher Bereicht vorliegt (Parthesius, in Druck), sollen hier nur kurz die wichtigsten Grundlagen zusammengefaßt werden:
SchlußZusammenfassend muß noch einmal festgestellt werden, daß die Grenzen zwischen wissenschaftlichem Experiment und Disneyland bei allen Versuchen fließend sind. Dieses etwas negative Urteil bedeutet aber nicht, daß der Nachbau und die Erprobung von historischen Booten und Schiffen den Beteiligten keinen Spaß und Freude bereitet kann. Literatur
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Hier sind nur einige der Abbildungen im Artikel von DEGUWA Rundbrief. Publiziert mit Genehmigung, Mai -98 in Nordic Underwater Archaeology.