von Dr Timm Weski
Veröffentlicht in: Das Logbuch 33, 1997, 96 - 97 mit geringfügigen Ergänzungen
Der Begriff Unterwasserarchäologie ist etwas irreführend, da viele Aktivitäten in diesem Bereich sich nicht unter Wasser, sondern auf feuchtem oder sogar trockenem Land abspielen. In den meisten Ländern ist Unterwasserarchäologie identisch mit Schiffsarchäologie. In Deutschland, genauso wie in der Schweiz und Österreich lag dagegen der Schwerpunkt traditionell auf der Erforschung von Siedlungen in Seen im Alpenvorland, den sogenannten Pfahlbauten. Erst in den letzten Jahren kümmern sich Archäologen verstärkt auch um Wracks von Booten und Schiffen. Diese Entwicklung hängt unter anderem mit den Tauchaktivitäten in der Ostsee zusammen, die vor der Küste Mecklenburg-Vorpommerns erst seit 1990 möglich sind. Für die Leser dieser Zeitschrift dürfte der Bereich der Schiffsarchäologie von Interesse sein und deshalb sollen die wichtigsten Institutionen und Vereine, die in diesem Gebiet aktiv sind, kurz vorgestellt werden. Als wahrscheinlich bekanntestes und auch renommiertestes Institut ist das Deutsche Schiffahrtsmuseum in Bremerhaven zu nennen, das seit seiner Gründung 1971 zwar weniger Feldarbeiten, dafür aber andere Forschungen auf dem Gebiet der Schiffsarchäologie betrieben hat. Hier sind vor allem die Arbeiten zur Naßholzkonservierung zu nennen. Ferner verfügt das Museum wahrscheinlich über die größte Spezialbibliothek zur Schiffsarchäologie in Deutschland. Das Museum für Antike Schiffahrt in Mainz, das zum Römisch-Germanischen Zentralmuseum gehört, konnte erst kürzlich seine Dauerausstellung eröffnen, die sich weiterhin im Aufbau befindet. Auch in dieser Forschungseinrichtung gilt die Naßholzkonservierung als ein Schwerpunkt. Darüber hinaus werden noch in zahlreichen anderen Museen archäologische Reste von Wasserfahrzeugen gezeigt, ohne daß diese ein besonderer Forschungsschwerpunkt der jeweiligen Einrichtung wären. Eine Ausnahme bildet das Schiffahrtsmuseum der Hansestadt Rostock, das eine Arbeitsstelle für Schiffsarchäologie eingerichtet hat. Diese betreut auch die in Rostock gegründete Gesellschaft für Schiffsarchäologie. Da in Deutschland die Kulturhoheit bei den einzelnen Ländern liegt, hatte sich bereits in den fünfziger Jahren der Verband der Landesarchäologen in der Bundesrepublik Deutschland e.V. gegründet, dem nur Inhaber bestimmter Stellen in der Bodendenkmalpflege angehören können. 1993 gründete dieser Verband eine Kommission für Unterwasserarchäologie, die unter anderem die Aktivitäten lokaler Sporttauchergruppen z.B. Bayerische Gesellschaft für Unterwasserarchäologie e.V., Unterwasserarchäologie Rostock e.V. oder Landesverband für Unterwasserarchäologie Mecklenburg-Vorpommern, die sich für Archäologie interessieren, koordiniert. Informationen zu einigen dieser Vereine können über das Internet abgerufen werden. Diese Tauchgruppen führen in Verbindung mit den jeweiligen Landesämtern für Bodendenkmalpflege Erkundungen unter Wasser durch, die als Grundlage der Inventarisation von Fundstellen dienen. Neben diesen Tauchern werden auch verschiedene Instrumente zur Erkundung eingesetzt. Zu den Aktivitäten gehören auch das Vermessen von Fundstellen, das Aufsammeln von Funden und, im Falle einer drohenden Zerstörung, das vollständige Ausgraben eines Fundplatzes. Die Kommission für Unterwasserarchäologie führt Schulungsveranstaltungen und Tagungen durch. Auf letzteren wird über die Aktivitäten von einzelnen Tauchgruppen und Institutionen berichtet. Die regelmäßige Publikation dieser Vorträge ist geplant 1. Die 1991 gegründete Deutsche Gesellschaft zur Förderung der Unterwasserarchäologie e. V. (DEGUWA) veranstaltet für Amateurtaucher, von denen viele Archäologie studieren oder studiert haben, Einführungs- und Fortbildungskurse nach dem Schema der englischen Nautical Archaeology Society (NAS) 2. Ferner wurden mehrere Kongresse abgehalten, deren Beiträge teilweise gedruckt vorliegen 3. Zusätzlich vermittelt die DEGUWA Interessierte an Tauchgrabungen im Ausland und war auch an Projekten im Ausland in Zusammenarbeit mit den dortigen Behörden selbst beteiligt. Die DEGUWA veröffentlicht nicht nur regelmäßig den Rundbrief als Vereinszeitschrift, sondern fungierte auch als Herausgeber eines Sammelbandes zu verschiedenen unterwasserarchäologischen Themen 4. Dieser Aufschwung in der Schiffsarchäologie hat bisher die Universitäten nicht erreicht. Zwar wurden bestimmte Funde wie z.B. Wikingerschiffe schon immer im Lehrbetrieb behandelt, jedoch hat bis heute keine Universität Unterwasserarchäologie als Forschungs- und Lehrschwerpunkt gewählt, genauso wenig wie ein Lehrstuhl zu diesem Thema existiert. Allerdings werden in den letzten Jahren an einigen Hochschulen spezielle Lehrveranstaltungen zum Thema Unterwasserarchäologie abgehalten bzw. Examensthemen aus diesem Bereich vergeben.
Anmerkungen
Adressen |
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Deutsches Schiffahrtsmuseum Van-Ronzelen-Straße 27568 Bremerhaven Museum für Antike Schiffahrt Schiffahrtsmuseum der Hansestadt Rostock DEGUWA Gesellschaft für Schiffsarchäologie e.V. |
Kommission für Unterwasserarchäologie c/o Dr. Helmut Schlichtherle Landesdenkmalamt Baden-Württemberg Abt. Archäologische Denkmalpflege Arbeitsstelle Gaienhofen-Hemmenhofen Fischersteig 9 78343 Hemmenhofen
c/o Dr. Willi Kramer |
Publiziert Mai -98 in Nordic Underwater Archaeology, rev März -99 |